50 Jahre «Jugend forscht»: Raketenbegeisterung gab Initialzündung

Der Bundesjugendwettbewerb Jugend forscht wird 50. Foto: Roland Weihrauch/Archiv
Der Bundesjugendwettbewerb Jugend forscht wird 50. Foto: Roland Weihrauch/Archiv

Schon als Kind interessierte sich Alexander Kekulé für Chemikalien und ließ es gern mal krachen. «Ich hatte meine ersten Chemieexperimente so mit sechs, sieben Jahren angefangen und mit elf zum ersten Mal den Sandkasten in die Luft gesprengt.» Als Abiturient nahm er am Bundeswettbewerb von «Jugend forscht» teil. Da war sein Thema weniger explosiv, aber trotzdem ein Knaller: Warum regt Tee, der nur kurz gezogen hat, an, und warum beruhigt Tee, der lange auf den Blättern gestanden hat? 

Mit dieser Fragestellung gewann er 1980 den dritten Preis im Bundeswettbewerb in Chemie.


Kekulé hatte viele Förderer, vom Großvater über die Mutter bis zu Lehrern und Professoren. Den Erfolg bei «Jugend forscht» sieht er dennoch als eine ganz wichtige Etappe. Er bekam dadurch eine Einladung zur Studienstiftung des deutschen Volkes. «Das war eigentlich der entscheidende Hebel», sagt er. Denn sein Abitur mit der Note 1,9 sei zu schlecht gewesen, um zum Medizinstudium zugelassen zu werden. Mit Hilfe der Stiftung konnte er Biochemie und zugleich Medizin studieren und promovieren.


Kekulé, der heute das Institut für Medizinische Mikrobiologie der Uniklinik Halle leitet, gehört zu den Vorzeigeteilnehmern von «Jugend forscht». Seit der Gründung vor 50 Jahren haben sich nach Angaben der Hamburger Stiftung mehr als 230 000 Kinder und Jugendliche zu den Wettbewerben angemeldet. Ins Leben gerufen wurde «Jugend forscht» vom damaligen «Stern»-Chefredakteur Henri Nannen. Im Dezember 1965 erschien das Magazin mit der Schlagzeile «Wir suchen die Forscher von morgen».


In den Anfangsjahren standen die Technik und die Geo- und Raumwissenschaften mit der Betonung auf Raumfahrt an erster Stelle, sagt «Jugend forscht»-Vorstand Sven Baszio. Nannen sei damals sogar immer mit den Siegern nach Cap Canaveral gefahren, um die Raketenstarts der Amerikaner zu verfolgen. Heute ist Biologie die beliebteste Naturwissenschaft. Das sei vor allem mit der vermehrten Teilnahme von Mädchen zu erklären. «Die Mädels sind in der Biologie und erfreulicherweise auch in der Chemie stark», sagt Baszio. Sie stellen fast 60 Prozent der Teilnehmer in Biologie. Mathematik und Technik sind dagegen eine Domäne der Jungen, die Mädchen machen hier nur 10 bis 15 Prozent aus.


Vor 20 Jahren gehörte zu ihnen auch Sonja Rauner aus Duisburg. Ihr sehr spezielles Thema lautete «Über eine spezielle Klasse rekursiv definierter Doppelfolgen». Auf die Fragestellung war sie über eine «Jugend forscht»-Arbeitsgemeinschaft an ihrer Schule gestoßen. «Auch mein Lehrer wusste am Anfang nicht, wie kompliziert das überhaupt alles werden würde», erinnert sie sich. Zwei Jahre lang brütete Rauner über Lösungsmöglichkeiten, holte sich Literatur aus der Uni-Bibliothek und ließ sich Tipps von Juroren geben. 1996 gewann sie den ersten Preis im Bundeswettbewerb.


«Das hat mich total gepuscht», sagt die heutige Abteilungsleiterin einer Bank in Düsseldorf. Sie studierte Mathematik und promovierte. Mädchen, die sich wie sie für Mathe interessieren und mit dem Gedanken spielen, sich an «Jugend forscht» zu beteiligen, rät sie, neue Ideen einfach auszuprobieren: «Schließt euch mit Freundinnen zusammen und fordert aktiv Hilfe ein!»


Genau da will auch die Hamburger Stiftung ansetzen, um den naturwissenschaftlichen Nachwuchs noch besser zu fördern. Neben den schon existierenden Schülerforschungslaboren sollen Schülerforschungszentren aufgebaut werden. Baszio bezeichnet sie als «Sportvereine für MINT-Athleten». Wer sich für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik interessiere, müsse auch außerhalb der Schule die gleiche Förderung wie Fußballer beim DFB bekommen, «bis zur Bundesliga».


Nicht alles in dem riesigen Netzwerk läuft spannungsfrei. Kekulé war jahrelang Juror, bis er plötzlich keine Einladung mehr erhielt. Erst auf Nachfrage erfuhr er, dass er nicht mehr auf der Jurorenliste stand. Einem Kollegen sei es genauso ergangen. «Man muss die Juroren auch ein bisschen pampern», findet er. Den Wettbewerb an sich hält er für ein äußerst wichtiges «Motivationstool», das Deutschland angesichts des Nachwuchsmangels bei den Naturwissenschaften mehr denn je brauche. «Wir haben den Anschluss verloren. Alles kommt aus den USA.» (DPA)