3,1 Millionen Erwerbstätige unter der Armutsschwelle

Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Foto: Hendrik Schmidt/Archiv
Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Foto: Hendrik Schmidt/Archiv

Nicht genug Geld für Miete und Heizung, nur jeden zweiten Tag ein richtiges Essen und keine Urlaubsreise: Immer mehr Erwerbstätige kommen nur schlecht über die Runden. Gewerkschaften und Sozialverbände fordern mehr Wohngeld. Arm trotz Arbeit: In Deutschland können immer mehr Erwerbstätige kaum von ihrem Einkommen leben. Ende 2013 bezogen nach einer Auswertung des Statistischen Bundesamts rund 3,1 Millionen Erwerbstätige ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle. 

Das waren 25 Prozent mehr als 2008, als diese Zahl noch bei rund 2,5 Millionen lag, wie die «Saarbrücker Zeitung» (Samstag) unter Berufung auf eine Sonderauswertung der Statistiker berichtete.


Als armutsgefährdet gilt dem Bericht zufolge, wer einschließlich aller staatlichen Transfers wie zum Beispiel Wohn- oder Kindergeld weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens erzielt. 2013 lag diese Schwelle in Deutschland bei 979 Euro netto im Monat. Nach Angaben der Statistiker waren 16,1 Prozent der Bevölkerung damals armutsgefährdet.


Haushaltsbefragungen ergaben, dass 379 000 der armutsgefährdeten Erwerbstätigen im Jahr 2013 ihre Miete nicht rechtzeitig bezahlen konnten. 417 000 sparten beim Heizen, 538 000 beim Essen, indem sie nur jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit zu sich nahmen. Für rund jeden zweiten Betroffenen (1,5 Millionen) sei bereits ein einwöchiger Urlaubsaufenthalt im Jahr nicht bezahlbar gewesen.


DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sprach am Samstag von einem «Skandal» in einem der reichsten Länder der Erde. Der gesetzliche Mindestlohn werde nicht reichen, um Armut trotz Arbeit zu beseitigen. Nötig seien auch bessere Sozialleistungen. «Vielerorts explodieren die Mieten - deshalb muss dringend das Wohngeld angehoben werden, damit auch Menschen mit niedrigen Einkommen ihre Mietkosten begleichen können.» Auch der Kinderzuschlag für Geringverdiener müsse erhöht werden.


Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, sagte der Zeitung: «Die Zahl der Erwerbstätigen, die mit ihrem Einkommen knapp unter oder geringfügig über den staatlichen Hartz-IV-Leistungen liegen, ist erschreckend hoch.» Für viele sei offenkundig das Wohngeld unzureichend, um einigermaßen über die Runden zu kommen.


Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken, Sabine Zimmermann, forderte eine rasche Anhebung des Mindestlohns von 8,50 auf 10 Euro. (DPA)