Merkel stellt Korrekturen beim Mindestlohn in Aussicht

Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro in Deutschland: Regelungen und Ausnahmefälle. Foto: Archiv
Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro in Deutschland: Regelungen und Ausnahmefälle. Foto: Archiv

Drei Wochen nach dem Start des gesetzlichen Mindestlohns hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Änderungen für weniger Bürokratie in Aussicht gestellt. «Denn wir wollen kleineren Unternehmen das Leben nicht zu einer dauerhaften bürokratischen Herausforderung machen», sagte sie beim Neujahrsempfang des CDU-Kreisverbands in ihrem Wahlkreis in Greifswald. Der Parlamentskreis Mittelstand (PKM) der Unionsfraktion will der Fraktion schon am 3. Februar einen Antrag zur Abstimmung stellen, der Dokumentationspflichten für Firmen abschwächen soll. 

SPD und Gewerkschaften pochen auf strenge Regeln.


Merkel sagte, der Mindestlohn von 8,50 Euro sei von weiten Teilen der Gesellschaft gewünscht worden. Nun werde sich die Regierung die Entwicklung drei Monate ansehen und dann überlegen, wie gegebenenfalls Bürokratie abgebaut werden könne. Somit zeichnet sich ein Konflikt zwischen Union und SPD ab. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa): «Das Gesetz ist seit drei Wochen in Kraft, da sehe ich überhaupt keine Notwendigkeit, es zu ändern.»


Der CDU-Abgeordnete und PKM-Chef von Christian von Stetten sagte: «Die reale Wirtschaft ist kein SPD-Programmparteitag.» Die Wirtschaftspolitiker der Union hätten Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) mehrfach vor einem bürokratischen Monster gewarnt. Merkel müsse Nahles anweisen, Ausführungsbestimmungen unverzüglich zu ändern.


Die CSU will das Mindestlohn-Gesetz wegen der vielen Beschwerden aus der Wirtschaft auf die Tagesordnung des nächsten Koalitionsausschusses setzen. «Arbeitsplatzvernichtung und Bürokratiewahnsinn waren im Koalitionsvertrag nicht vereinbart», sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Die CSU stehe zum Mindestlohn. Aber Arbeitsministerin Nahles habe bei der Umsetzung «schwere handwerkliche Fehler» gemacht.


Von Stettens Antrag zielt darauf ab, dass Unternehmen künftig für weniger Beschäftigte die exakte Arbeitszeit konkret aufzeichnen müssen als bisher. Eine gültige Verordnung aus Nahles` Ressort sieht vor, dass dies bis zu einem Monatsgehalt von 2958 Euro brutto geschehen muss. Betroffen sind Minijobber sowie neun für Schwarzarbeit besonders anfällige Branchen, etwa das Bau- und Gaststättengewerbe. Laut den Unions-Wirtschaftspolitikern erreichen nur wenige Ausnahmefälle die Schwelle. Sie solle auf 1900 Euro gesenkt werden. Zudem sollten nicht mehr alle Minijobber betroffen sein.


Oppermann betonte: «Die exakten Bestimmungen im Gesetz sind eine klare Botschaft an die Arbeitgeber: Wir dulden keine Mogelei.» Der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, Carsten Linnemann, sagte der dpa: «Für den Mittelstand sind die Dokumentationspflichten eine völlig unnötige, große Belastung.» Man dürfe nicht nur Konzerne mit großen Verwaltungen als Maßstab nehmen.


Nahles setzt auf wachsende Erfahrungen. «Die Kanzlerin hat darauf hingewiesen, dass es Sinn macht, erst einmal die Entwicklung zu beobachten», sagte ein Sprecher, «und sich dann zusammenzusetzen und die Auswirkungen zu analysieren.» Das Ministerium beobachte die Umsetzung des Mindestlohns, aber auch Missbrauchskonstellationen. Die SPD-Sozialexpertin Katja Mast sagte der dpa: «Ohne Aufzeichnungspflicht macht der Mindestlohn keinen Sinn.»


Der DGB lehnt Korrekturen ab. Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte der «Saarbrücker Zeitung» (Donnerstag): «Eine Einschränkung der Dokumentationspflicht wäre kein Abbau von Bürokratie, sondern ein Spiel mit dem Feuer.» Industriepräsident Ulrich Grillo kündigte an, mit Nahles über die bürokratischen Probleme zu sprechen. Es sei schwierig, wenn durch den ohnehin schwer verdaulichen Mindestlohn weitere administrative Hürden aufgebaut würden. (DPA)