Mehrere Interessenten bei Ausschreibung des Schienennahverkehrs

Mehrere Interessenten bei Ausschreibung des Schienennahverkehrs
Mehrere Interessenten bei Ausschreibung des Schienennahverkehrs

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat die Große Koalition in Berlin aufgefordert, die Gelder für den Schienennahverkehr zu erhöhen. Der Haushalts-Ausschuss des Bundestags habe die Mittel für das kommende Jahr auf den heutigen Stand eingefroren, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag in Stuttgart. Das sei ein völlig unhaltbarer Zustand. Es sei der Versuch von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die schwarze Null zu retten.


Die Länderverkehrsminister hatten sich vor kurzem auf eine Reform und neue Verteilung der Regionalisierungsmittel geeinigt. Die Länder erhalten seit 1996 jährlich einen bestimmten Betrag aus dem Mineralölsteueraufkommen des Bundes, um den Schienenpersonennahverkehr finanzieren zu können. Das Land erhält im laufenden Jahr Mittel in Höhe von 762 Millionen Euro. Es gibt noch 84 Millionen Euro aus Haushaltsmitteln dazu, um das Defizit auszugleichen, wie Hermann berichtete. Das Verkehrsministerium schreibt gerade den Nahverkehr auf der Schiene im Südwesten etappenweise neu aus, weil es dort für mehr Wettbewerb sorgen will.


Für die als besonders lukrativ geltenden Stuttgarter Netze interessierten sich «deutlich mehr als eine Handvoll Unternehmen». Das Stuttgarter Netz, das in die drei Lose Neckartal, Rems-Fils und Franken-Enz aufgeteilt ist, umfasst Verkehrsleistungen im Umfang von 14,9 Millionen Zugkilometer pro Jahr. Es gehe um Investitionen in neue Fahrzeuge in Höhe von 500 Millionen Euro. Die neuen Anbieter sollen ab Dezember 2018 schrittweise an den Start gehen.


Hermann verteidigte sein Vorgehen, dass von den drei Teilnetzen maximal zwei an ein und denselben Bieter gehen dürfen, das dritte Los erhält ein anderer Wettbewerber. Das fördere den Wettbewerb und schaffe den Anreiz, dass nicht einer alles gewinne. Die CDU-Verkehrsexpertin Nicole Razavi sprach hingegen von «eingeschränkten Wettbewerb». FDP-Politiker Jochen Haußmann argumentierte ähnlich. Durch Hermanns Vorgehen würden von vorneherein sinnvolle Synergieeffekte verhindert. Außerdem warf Razavi Hermann vor, mit den Ausschreibungen insgesamt viel zu lange gewartet zu haben. «Dies wird sich negativ auf den Wettbewerb und damit auf den Preis auswirken, den das Land zu zahlen haben wird.»


Der überwiegende Anteil der Nahverkehrsleistungen wird aktuell von der Deutschen Bahn erbracht. Alleine der Große Verkehrsvertrag mit einer Bahntochter aus dem Jahr 2003 umfasst 39,5 Millionen Zug-Kilometer pro Jahr und läuft im September 2016 aus. Bis die neuen Anbieter für die Stuttgarter Netze an den Start gehen können sind Übergangsverträge geplant. Grünen-Verkehrsexperte Andreas Schwarz betonte, mit diesen Ausschreibungen endet die Ära Baden-Württembergs als Land der schrottreifen Altfahrzeuge. «Die Fahrgäste haben lange genug unter dem Bahn-Monopol gelitten, das die CDU und Stefan Mappus ihnen mit dem anerkannt schlechtesten Verkehrsvertrag der Republik eingebrockt hat.» (DPA/LSW)