Wann gibt die Keltenfürstin ihre Geheimnisse preis?

Drei Goldkugeln aus einem rekonstruierten Brustcollier. Foto: Sebastian Kahnert
Drei Goldkugeln aus einem rekonstruierten Brustcollier. Foto: Sebastian Kahnert

Vier Jahre nach einer aufsehenerregenden Bergung der Grabkammer einer Keltenfürstin bei Sigmaringen stehen die Forscher noch vor jeder Menge Rätsel. Erst in den nächsten Jahren werde das eine oder andere davon gelöst werden - eventuell, wie Landesarchäologe Dirk Krausse am Dienstag in Stuttgart betont. Bevor er und sein Team mit den Originalen nochmal ins Labor gehen, sind sie bis Mitte Dezember noch einmal öffentlich zu sehen: in Ausstellungscontainern im Ehrenhof des Neuen Schlosses in Stuttgart.


Die Grabkammer zählt zu den bedeutendsten archäologischen Entdeckungen der letzten Jahrzehnte in Deutschland. 2005 war auf dem Areal unterhalb der Heuneburg bei Herbertingen beim Umpflügen eines Maisackers zunächst ein Kindergrab entdeckt worden. Ende 2010 wurde das Grab einer vor 2600 Jahren bestatteten Fürstin komplett geborgen und in einem 80 Tonnen schweren «Keltenblock» zum Landesamt für Denkmalpflege nach Ludwigsburg gebracht, wo es seither zerlegt und erforscht wird. Die Holzkonstruktion zeigt: Das Grab wurde im Jahr 583 vor Christus gegraben.


Wer war die geheimnisvolle Fürstin? Im Grunde genommen weiß man noch nicht viel über sie. Nicht jünger als 30 soll sie gewesen sein, wie Krausse berichtet, und nicht älter als 40. Recht gute Zähne habe sie gehabt, und ihre Grabbeigaben seien «außergewöhnlich prachtvoll». Filigran verzierter Goldschmuck, Bernsteinperlen, Bronzeobjekte. Rätselhaft ist auch die Lage der Toten: Laut Krausse war der Torso komplett. Ihr Kopf aber lag drei Meter entfernt, und der Unterkiefer samt Goldohrring nochmals an einer anderen Ecke.


Wer war das Kind, das nebenan bestattet wurde? Die DNA-Analyse könne zwar schon vieles, sagt Krausse, doch bei dieser Frage müsse die Wissenschaft passen. Die Knochen des Kindes seien zu schlecht erhalten, als dass man auch nur die Verwandtschaftsverhältnisse zur Fürstin klären könnte. «Vielleicht sind wir ja irgendwann so weit», sagt Krausse. Es liege aber nahe, dass Frau und Kind etwas miteinander zu tun hatten. Schließlich sei ihr Ohrschmuck sehr ähnlich. «Er könnte vom gleichen Handwerker hergestellt worden sein.»


Und was hat es mit der unbekannten Dritten im Grab auf sich? Die Begleiterin im Grab, eine am Rand bestattete Frau, sei für die Forscher ebenso faszinierend wie die Fürstin selbst, sagt Krausse. Die nur 1,57 Meter große Frau lag 20 Zentimeter höher als Fürstin und Kind. Sie sei eher ärmlich bestattet worden, mit nur wenig Kopfschmuck. Wurde sie deutlich später ins Grab gelegt, als der Boden schon mit Erde bedeckt war? Derzeit gehe man von Mutter, Tochter und Magd aus. Ob diese Einordnung aber die Forschung der nächsten Jahre übersteht, sei völlig unklar. «In drei, vier Jahren wissen wir mehr.»


Welche Geschichte erzählen die Grabbeigaben? Seltsam sei etwa der Stirnpanzer für Pferde, der neben der unbekannten Frau gefunden wurde. Solche Stücke kannte man nördlich der Alpen eigentlich nicht, so Krausse. Der Goldschmuck könne nach Norditalien sortiert werden. Auch andere Fundstücke rund um die Heuneburg zeigten Architektur, Mode und Waffen aus dem Süden. «Die Vernetzung dorthin war offenbar enger als gedacht.» Und Krausse verrät, dass der «Keltenblock» zuletzt auch eine ganze Reihe von Gegenständen freigab, die deutlich älter seien als aus der Zeit der Bestattung - Versteinerungen, seltsam geformte Steine, Pfeilspitzen oder Ähnliches waren auch in anderen Keltengräbern gefunden worden. «Es bleibt spannend.» (DPA)