Das «Goldland» zwischen Buddha und Nat-Geistern

Ein visualisierter Geist mit Opfergaben. Foto: Inga Kjer
Ein visualisierter Geist mit Opfergaben. Foto: Inga Kjer

Zu lange isoliert, unterjocht, vergessen - das Stuttgarter Linden-Museum für Völkerkunde widmet Myanmars Weg in die Moderne eine umfassende Sonderausstellung. Gut 200 Originale - von uralten bronzenen Buddhastatuen bis zum heute noch für Männer und Frauen typischen Wickelrock Longyis - gewähren von Samstag an Einblicke in die myanmarische Gesellschaft. «Myanmar - Das Goldene Land» ist von Samstag (18.10.) an bis zum 17. Mai 2015 zu sehen. 

Mit einer Parallelausstellung im Münchner «Museum Fünf Kontinente» gilt die Stuttgarter Schau als bundesweit erste über das weitgehend unbekannte Land nach der Isolation.


GOLD - Die Menschen in Myanmar sind sich sicher, dass ihr Land das «Goldland» ist, in das indische Mönche im 3. Jahrhundert vor unserer Zeit auszogen, um die Lehren des Buddha in aller Welt zu verbreiten, wie Kurator Georg Noack am Donnerstag berichtete. Jahrhunderte alte Tempel und goldene Pagoden oder Statuen prägen die Landschaften zwischen Indien und Thailand. Auch Opfergaben sind oft vergoldet. Die Farbe Gold prägt auch die Ausstellung.


BUDDHA - Der Buddhismus prägt Myanmar nach wie vor, das eines der größten Länder im Südosten Asiens ist. Nur sechs Prozent der Menschen dort sind Christen, vier Prozent Muslime. Unzählige Pagoden, Tempel, Klöster und rund eine halbe Million buddhistischer Mönche sind Ausdruck einer intensiven Religiosität, so Noack, der als einziger Myanmar-Experte an deutschen Museen gilt. In jedem Haus thront an höchster Stelle ein Schrein zur Verehrung des Buddha. Sogar die Betten sind danach ausgerichtet. Für viele beginnt und endet der Tag vor dem Schrein. «Alle Bereiche des Lebens und der Kultur sind von Religiosität durchdrungen», sagt Noack.


LONGYIS UND BETEL - Ob Mann, ob Frau, der Wickelrock Longyis ist auch heute noch allgegenwärtig. Besucher der Ausstellung können sich selbst einen anlegen. Weit verbreiteter Brauch ist zudem das Kauen von sogenannten Betelbissen, die aus den Früchten der Betelpalme, Betelpfefferblättern und weiteren Gewürzen hergestellt werden. Der Genuss der Droge habe auch rituelle Funktion, berichtet Noack. In vielen Wohnungen stünden mit Glückssymbolen verzierte Betelbehälter, um Gäste willkommen zu heißen.


NAT-GEISTER - Geistwesen spielen ebenfalls eine große Rolle, sind fester Bestandteil der myanmarischen Kosmologie. Die Nat-Geister sind mächtig, können aber mit Hilfe von Ritualen besänftigt und um Unterstützung gebeten werden, wie Noack berichtet. Ihnen werden Kokosnüsse, Bananen, Betel oder Räucherstäbchen geopfert. «Einige Nat lieben duftende Blumen, andere bevorzugen Gaben von Alkohol, rohem Fleisch oder Bargeld», schreibt das Museum. Noack schätzt, dass sich rund 70 Prozent der Menschen damit auseinandersetzen.


KULTUR - Gezeigt werden ein Thron, Fresken, filigrane Schnitzereien. Auch Kostüme, Marionetten und traditionelle Musikinstrumente wie die Bogenharfe oder die Krokodil-Zither sind zu sehen. Genauso wie ein Hsaing-Orchester um einen zentralen Trommelkreis mit 16 bis 22 Trommeln. Weltweit einzigartig ist dabei, dass der Trommelkreis das Orchester als wichtigstes Instrument anführt und zugleich den Rhythmus vorgibt. Laut Noack diente das Orchester einst vor allem zur Untermalung öffentlicher Zeremonien am Königshof. Traditionelle Kunst wird in der Ausstellung den Arbeiten zeitgenössischer Künstler gegenübergestellt. (DPA)