Online-Handel: «Der Verdrängungswettbewerb ist noch in vollem Gange»

Der Online-Händler Zalando hat den Textilmarkt in Deutschland aufgemischt wie kaum ein anderer. Jetzt drängt er an die Börse. Doch es gibt einiges, was potenzielle Anleger über den Online-Markt in der Bundesrepublik wissen sollten. Foto: Bodo Marks
Der Online-Händler Zalando hat den Textilmarkt in Deutschland aufgemischt wie kaum ein anderer. Jetzt drängt er an die Börse. Doch es gibt einiges, was potenzielle Anleger über den Online-Markt in der Bundesrepublik wissen sollten. Foto: Bodo Marks

Der Online-Handel ist im Moment der Wachstumsmotor im deutschen Einzelhandel. Allein in diesem Jahr sollen die Umsätze der Internet-Händler nach Schätzungen des Handelsverbandes Deutschland (HDE) um 17 Prozent wachsen. Der Mode-Händler Zalando will diesen Rückenwind nutzen und drängt an die Börse. Doch wer mit einem Einstieg liebäugelt, sollte eines wissen: Trotz der hohen Wachstumsraten ist der Online-Handel kein Paradies, eher schon gleicht er einem Haifischbecken. «Der Verdrängungswettbewerb im Online-Handel ist noch im vollen Gange», urteilt etwa der Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), Kai Hudetz.

«Rund 90 Prozent der reinen Onlinehändler werden wieder vom Markt verschwinden», prognostiziert der Branchenkenner. Übrig bleiben würden Amazon und vielleicht eine Handvoll anderer reiner Online-Anbieter, außerdem klassische Händler mit Multi-Channel-Angeboten wie Media Saturn und Hersteller mit eigenen Online-Shops wie H&M und Esprit.


Gerrit Heinemann, der Leiter des eWeb Research Centersder Hochschule Niederrhein sieht das ähnlich. «Online-Handel funktioniert nach dem Prinzip des Kategorie-Killers. Ich muss in meiner Warengruppe das größtmögliche Sortiment anbieten, dann habe ich große Erfolgschancen», beschreibt er den Auswahlprozess im Netz.


Zalando hat, darin sind sich die Experten einig, dank der inzwischen erreichten Marktstellung gute Chancen, zu den Gewinnern des Konzentrationsprozesses zu gehören. Immerhin ist das Unternehmen heute nach einer aktuellen Marktuntersuchung des IFH hierzulande hinter der Otto-Gruppe und noch vor Amazon die Nummer zwei unter den Mode-Anbietern im Internet. «Im Modebereich ist Amazon bisher extrem schwach. Damit haben sie Zalando erst die Möglichkeit gegeben, so stark zu wachsen», meint Hudetz.


Doch sind im schnelllebigen Internet alte Erfolge nichts, worauf man sich ausruhen kann. Der Handelsexperte ist überzeugt, dass Amazon mit Hochdruck daran arbeitet, die Schwachstelle im eigenen Angebot zu schließen. «Hier werden sie angreifen», prognostiziert er.


Andererseits gibt es auch noch viel zu verteilen im Internet. Nach einer Schätzung des IFH könnte der Umsatzanteil des Online-Handels im Fashion-Bereich bis 2020 von derzeit 18,9 Prozent auf über 32 Prozent steigen. Anders gesagt: Jeder dritte Euro, der für Mode ausgeben wird, könnte dann in den Taschen der Online-Händler landen.


«Entscheidend für den Erfolg des Online-Handels im Fashion-Bereich ist die Bequemlichkeit des Einkaufs, die Möglichkeit, die Produkte zuhause anzuprobieren und bei Nichtgefallen einfach zurückzuschicken. Da sehen wir kein Ende des Wachstums», sagt Hudetz.


Heinemann rechnet ebenfalls mit einem weiteren Schub beim E-Commerce. Seine Prognose: «Die Umsätze im Online-Handel werden sich in den nächsten sechs Jahren mindestens verdoppeln.»


Ob allerdings die Gewinne zu einem ähnlichen Höhenflug ansetzen, ist eine andere Frage. «Auf absehbare Zeit wird es im Online-Handel vergleichsweise wenig zu verdienen geben», meint Hudetz. Er begründet seine Skepsis mit der Preistransparenz im Netz, die es schwer mache, die Gewinnmarge zu steigern. Aber: «Für die, denen es in den nächsten Jahren gelingt, sich eine starke Marktposition zu sichern, dürfte es danach einfacher werden.» (DPA)