Ämter nehmen so viele Kinder in Obhut wie nie zuvor

Eine Puppe sitzt in einer Kinderschutzambulanz im Untersuchungsraum auf einem Stuhl. Foto: Caroline Seidel/Symbol
Eine Puppe sitzt in einer Kinderschutzambulanz im Untersuchungsraum auf einem Stuhl. Foto: Caroline Seidel/Symbol

Mutterseelenallein in Deutschland oder Opfer von Verwahrlosung, häuslicher Gewalt, sexuellem Missbrauch und Drogenkonsum der Eltern: Rund 42 100 Kinder und Jugendliche sind 2013 zu ihrem eigenen Schutz in Obhut genommen worden. Das waren so viele wie noch nie und 1896 (5 Prozent) mehr als im Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Allerdings: Der Anstieg zum Vorjahr geht fast ausschließlich auf minderjährige unbegleitete Flüchtlinge zurück. 

Die Jugendämter nahmen 6584 Jungen und Mädchen aus den Krisen- und Kriegsgebieten in Obhut, 1817 mehr als im Vorjahr. Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) waren schon 16 oder 17 Jahre alt und die meisten (89 Prozent) Jungen.

 

«Die Jugendhilfe muss sich internationalisieren, damit sie überhaupt mit diesen Kindern und Jugendlichen aus anderen Kulturen etwas anfangen kann», sagte Heinz Kindler vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München. Die Bundesländer trügen eine erhebliche Last aus den internationalen Flüchtlingsbewegungen. Diese sei allerdings zwischen den Ländern sehr unterschiedlich verteilt.

 

Nach Einschätzung des Bundesfachverbands unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge (UMF) ist die Zahl etwas niedriger (5550) als von den Statistikern erfasst und vor allem damit zu erklären, dass genauer hingeschaut werde. «Die Jugendämter nehmen auch ihre Verantwortung mehr wahr», sagte Thomas Berthold vom UMF. Zwar werde vieles getan, doch hätten die Jugendämter auch immer mehr Aufgaben zu schultern, und so fehle oft ausreichend qualifiziertes Personal.

 

Im Fünf-Jahres-Vergleich beträgt das Plus aller Inobhutnahmen laut Statistik 9870. Damit nahmen die Behörden von 10 000 Kindern und Jugendlichen in Deutschland rechnerisch 32 in Obhut genommen. Fünf Jahre zuvor waren es nur 23. Häufigster Anlass war eine Überforderung der Eltern (40 Prozent).

 

Etwas mehr Jungen (52,7 Prozent) als Mädchen wurden zu ihrem Schutz aus ihrer Familie genommen. Fast 15 300 Kinder und Jugendliche konnten zurück zu ihren Sorgeberechtigten. Kindler hat einen leichten Anstieg von Jugendlichen ausgemacht, die auf eigenen Wunsch in Obhut genommen werden wollen.

 

Die Jugendämter nehmen Mädchen und Jungen in Obhut, wenn sie aufgrund von Gewalt, Sucht, Verwahrlosung oder Unterernährung in Gefahr sind. Auch Ausreißer und Flüchtlinge gehören dazu. Zur sogenannten Inobhutnahme kann es auf Wunsch der Kinder und Jugendlichen selbst oder aufgrund begründeter Hinweise von Polizei, Schule, Erziehern, Ärzten und Bekannten der Familie kommen. (DPA)

 

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