Jüdische Gemeinde beklagt Einseitigkeit von Friedensdemonstrationen

Die jüdische Gemeinde Württemberg hat mit Besorgnis auf die jüngsten anti-israelischen Demonstrationen reagiert. «Es macht einen betroffen und schockiert, wenn man sieht, wie die Emotionen da hochkochen», sagte Barbara Traub von der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs in Stuttgart am Dienstag. Die Auseinandersetzung mit dem Konflikt verlaufe viel zu einseitig, kritisierte Traub. Für die Militärschläge äußerte sie Verständnis. «Ein Staat muss seine Bürger schützen», sagte sie.

In mehreren Städten im Südwesten hatte es am Wochenende Proteste gegen die Angriffe Israels im Gazastreifen gegeben, bei denen auf palästinensischer Seite bisher 583 Menschen starben und 3640 Menschen verletzt wurden. Auf der israelischen Seite kamen 27 Soldaten und zwei Zivilisten ums Leben. Mehr als 120 Soldaten wurden nach Medienberichten verletzt.

 

Allein in Mannheim gingen am Samstag rund 4500 Menschen auf die Straße. Nach Polizeiangaben gab es bei den Demonstrationen keine größeren Zwischenfälle. Allerdings wurden vereinzelt israelfeindliche Sprechchöre und Plakate registriert. Um einer Eskalation vorzubeugen, hatte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) gemeinsam mit einem breiten Bündnis aus Fraktionen und Vereinen einen Friedensappell verfasst. Auch die Jüdische Gemeinde Mannheim und die Gemeinde des Islam in Deutschland gehörten zu den Absendern. Der Appell wurde auch in den Moscheen thematisiert.

 

Bei der Mannheimer Staatsanwaltschaft ist nach der Demo eine Anzeige gegen eine Frau wegen des Verdachts auf Volksverhetzung eingegangen. Unter Anspielung auf den Holocaust soll sie auf Facebook Rechtsextreme dazu aufgerufen haben, an der Veranstaltung teilzunehmen, wie ein Behördensprecher sagte.

 

In Karlsruhe protestierten etwa 750 Menschen, in Pforzheim rund 1000. Beide Demos wurden vom Staatsschutz beobachtet. Nach Angaben der Polizei beteiligten sich in beiden Fällen vor allem Türken an den Demonstrationen.

 

Kritik am Handeln Israels dürfe nicht gleichgesetzt werden mit Antisemitismus, betonte der Leiter des Fachbereichs Integration, David Linse. «Sowohl Kritik an Israel als auch an der Hamas muss möglich sein.»

 

Die Türkei zählt zu den Unterstützern der Hamas. Spätestens seit dem Übergriff israelischer Soldaten auf Aktivisten an Bord des türkischen Schiffes «Mavi Marmara» 2010 ist das Verhältnis Ankaras zu Israel angespannt.

 

Am Montagabend war es in Ravensburg zu spontanen Protesten gekommen. Nach Aufrufen in sozialen Netzwerken hatten sich rund 250 Menschen versammelt. Es wurden nach Polizeiangaben anti-israelische Parolen in deutscher und türkischer Sprache gerufen. Einige Demonstranten brachten zudem Transparente mit israel-kritischen Slogans mit. Insgesamt blieb es den Aussagen zufolge aber friedlich. (DPA/LSW)

 

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