Erstaufnahme von Flüchtlingen in Karlsruhe bereitet zunehmend Sorgen

Asylbewerber in Karlsruhe. Foto: Uwe Anspach/Archiv
Asylbewerber in Karlsruhe. Foto: Uwe Anspach/Archiv

Nach dem Auftreten von Masern in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge in Karlsruhe wächst die Kritik an der Situation in der Einrichtung. Die Landesregierung will den Aufbau einer zweiten Einrichtung für die Ankunft von Asylbewerbern vorantreiben - noch fehlt dafür aber eine Entscheidung in den Gesprächen mit mehreren Kommunen.

Der Karlsruher SPD-Parteichef Parsa Marvi forderte die von den Grünen und seiner eigenen Partei gebildete Landesregierung am Freitag auf, «ihrer Verantwortung für eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge nachzukommen». Zunehmend mehr Menschen suchen Asyl auch im Südwesten Deutschlands.

 

In einer vom Kreisparteitag der SPD am Donnerstagabend verabschiedeten Resolution werden die Zustände in der Aufnahmestelle scharf kritisiert: «Die dauerhafte Überbelegung der LEA sowie die Massierung von Hunderten Menschen in mehreren Notquartieren in Karlsruhe ist aus humanitären und politischen Gründen völlig inakzeptabel».

 

Die angekündigte zweite Landeserstaufnahmeeinrichtung müsse so schnell wie möglich geschaffen werden. Außerdem sollte die Gesamtstrategie des Landes erneuert werden: «Es darf nicht mehr darum gehen, möglichst viele Menschen an einem Fleck zu konzentrieren. Stattdessen muss eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge höchste Priorität haben.» Dazu müsse das Land auch Geld in die Hand nehmen, forderte Marvi.

 

Im Integrationsministerium sagte der zuständige Ministerialdirektor Wolf-Dietrich Hammann der Nachrichtenagentur dpa, die Notwendigkeit einer eigenständigen zweiten LEA sei Konsens zwischen allen beteiligten Ressorts. «Die Landesregierung arbeitet mit Nachdruck daran, zeitnah eines oder mehrere geeignete Areale hierfür nutzbar zu machen.» Derzeit gebe es dazu intensive Gespräche mit mehreren Kommunen, darunter auch der Stadt Mannheim. «Sobald eine Standortentscheidung getroffen ist, werden wir unverzüglich mit dem Aufbau einer zweiten LEA beginnen», sagte Hammann.

 

Die Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe musste diese Woche wegen der Masern-Erkrankung eines Kindes geschlossen werden. Nach einer Impfung der Bewohner soll die Einrichtung nach Angaben am Montag wieder geöffnet werden.

 

Der Karlsruher Landrat Christoph Schnaudigel (CDU) warf in dieser Woche Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) vor, den «eigenen Maßstäben für die Unterbringung von Flüchtlingen in keiner Weise gerecht» zu werden. Wenn die Zahl der Asylbewerber weiter zunehme und wenn sich die hygienischen Bedingungen nicht verbesserten, könne nicht ausgeschlossen werden, dass die LEA in Karlsruhe eines Tages ganz oder teilweise geschlossen werden müsse, warnte Schnaudigel.

 

Als «symptomatisch für den allgemeinen Zustand dieser Einrichtung» bewertete Beate Deckwart-Boller vom Diakonischen Werk der evangelischen Kirche den Masern-Fall in der LEA. «Die medizinische Versorgung ist unzureichend», sagte sie. Mit der katholischen Caritas und dem Freundeskreis Asyl trägt die Diakonie die unabhängige Verfahrens- und Sozialberatung in der LEA im Rahmen eines 2013 gestarteten Projekts der Landesregierung.

 

In der ersten Hälfte dieses Jahres trafen 8779 Flüchtlinge in Baden-Württemberg ein, gut 60 Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Nach ihrer Aufnahme und Antragstellung in Karlsruhe werden sie dezentral auf Unterkünfte in den Landkreisen verteilt, wo sie auf eine Entscheidung zu ihrem Asylverfahren warten. (DPA/LSW)

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