Opposition befürchtet weitere US-Spitzel in Regierungsreihen

Sind die mutmaßlichen US-Spitzel beim BND und im Verteidigungsressort Einzelfälle? Oppositionspolitiker haben nach einer Sondersitzung des Innenausschusses ihre Zweifel. Foto: Karl-Josef Hildenbrand
Sind die mutmaßlichen US-Spitzel beim BND und im Verteidigungsressort Einzelfälle? Oppositionspolitiker haben nach einer Sondersitzung des Innenausschusses ihre Zweifel. Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Oppositionspolitiker befürchten, dass es in den Reihen der Bundesregierung weitere Spitzel der US-Geheimdienste geben könnte. Nach einer Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses am Dienstag sagten Abgeordnete von Linken und Grünen, sie hätten dazu von Regierung und Geheimdiensten keine Bestätigung, aber auch kein Dementi gehört. «Meine Arbeitsthese ist erst mal: Es gibt noch mehr», sagte der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz. 

Laut einem Medienbericht soll es neben den mutmaßlichen US-Spionagefällen beim Bundesnachrichtendienst (BND) und im Verteidigungsministerium mehr als ein Dutzend weitere US-Quellen in der Bundesregierung geben.

 

Die Bundesanwaltschaft ermittelt derzeit gegen einen Mitarbeiter im Verteidigungsministerium, der US-Geheimdienstler mit Informationen versorgt haben soll. Bereits seit Anfang Juli sitzt ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Untersuchungshaft, der nach eigener Aussage über mehrere Jahre geheime Informationen an amerikanische Geheimdienstler lieferte.

 

Die «Bild am Sonntag» hatte am Wochenende berichtet, der US-Geheimdienst CIA führe mehr als ein Dutzend Regierungsmitarbeiter in Deutschland als Quellen. Im Visier seien dabei die Ministerien für Verteidigung, Wirtschaft, Inneres und Entwicklungshilfe. Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz hatte am Montag jedoch betont, sie habe keine Anhaltspunkte dafür, dass es weitere Fälle von Spionageverdacht in den Ministerien gebe.

 

Angesichts der Vorgänge beim BND und im Verteidigungsressort - und wegen der umfangreichen Spähaktionen des US-Nachrichtendienstes NSA - hatte die Bundesregierung in der vergangenen Woche den obersten US-Geheimdienstvertreter in Deutschland zur Ausreise aufgefordert.

 

Der Innenausschuss kam wegen der Spionageaffäre trotz parlamentarischer Sommerpause zu einer Sondersitzung zusammen. Dort erschienen neben Vertretern der Bundesregierung auch der Generalbundesanwalt und die Präsidenten der drei deutschen Geheimdienste - BND, Verfassungsschutz und Militärischer Abschirmdienst (MAD). Das Gremium tagte überwiegend geheim. Deshalb drang im Anschluss wenig inhaltliches Neues aus der Sitzung nach außen.

 

Linksfraktionsvize Jan Korte sagte, noch immer seien viele Fragen offen. Er forderte die Regierung zu konkreten Schritten gegen die Amerikaner auf und plädierte etwa für eine Aussetzung verschiedener transatlantischer Abkommen wie Swift und für eine Aussetzung der Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA.

 

Auch von Notz mahnte, die bisherige Reaktion der Regierung auf die Spionageaffäre reiche nicht aus. Es sei fraglich, wie die Regierung ein Zeichen der Empörung setzen wolle, wenn sie gleichzeitig weitreichende transatlantische Abkommen laufen lasse oder sogar neu aushandele. Die Bundesregierung erscheine in der Affäre hilflos.

 

In den Reihen der Koalitionsfraktionen gibt es inzwischen ebenfalls Befürworter eines vorläufigen Stopps der Freihandelsverhandlungen. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Stephan Mayer (CSU), riet zwar davon ab, dieses Thema mit der Spionageaffäre zu vermengen. Der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), dagegen sprach sich für eine Unterbrechung der Verhandlungen aus, um zunächst über Datensicherheit zu sprechen. Auch über andere Abkommen mit den USA sei zu reden. (DPA)

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0