Ukrainisches Militär geht gegen Separatisten vor

Ostukrainische Separatisten demonstrieren in Lugansk. Foto: Zurab Kurtsikidze
Ostukrainische Separatisten demonstrieren in Lugansk. Foto: Zurab Kurtsikidze

Mit einem Sondereinsatz gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes hat die Ukraine vor internationalen Krisengesprächen in Genf den Zorn Moskaus auf sich gezogen. Der russische Präsident Wladimir Putin kritisierte in einem Telefonat mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das Vorgehen der ukrainischen Regierungstruppen. Die Vereinten Nationen müssten das «verfassungswidrige Vorgehen» der Machthaber in Kiew verurteilen.

Die Krise in der Ukraine habe sich durch die «gewaltsame Operation» noch einmal deutlich verschärft, sagte Putin.

 

Zu Schusswechseln zwischen ukrainischen Einheiten und moskautreuen Aktivisten kam es in der Nähe der Städte Kramatorsk und Slawjansk im Verwaltungsgebiet Donezk. Nach schweren Gefechten hätten die Regierungseinheiten den Flugplatz von Kramatorsk unter ihre Kontrolle gebracht, sagte Interimspräsident Alexander Turtschinow. Das russische Staatsfernsehen berichtete von mindestens vier Toten. Die moskautreuen Aktivisten sprachen von einem Verletzten in ihren Reihen. Eine offizielle Bestätigung für die Opferzahlen gab es zunächst nicht.

 

Die USA verteidigten das militärische Eingreifen der Ukraine gegen die Separatisten. «Die ukrainische Regierung hat die Verantwortung, Recht und Ordnung herzustellen», sagte Regierungssprecher Jay Carney in Washington. Die «Provokationen» prorussischer Kräfte «schaffen eine Situation, in der die Regierung handeln muss». Er bezeichnete die Eskalation als «sehr gefährlich».

 

Bereits am frühen Morgen hatten Regierungskräfte das Feuer auf Straßensperren bei Slawjansk eröffnet. Dabei seien mehrere Menschen verletzt worden, sagte ein Sprecher der Separatisten. Bewaffnete hätten die Stadt umstellt, die moskautreuen «Selbstverteidigungskräfte» bereiteten sich auf einen Angriff vor.

 

In mehreren Orten der Ostukraine halten moskautreue Separatisten seit Tagen Verwaltungsgebäude besetzt. Sie fordern einen föderalen Staat mit weitgehenden Autonomierechten für das russisch geprägte Gebiet.

 

Interimspräsident Turtschinow hatte den Beginn des Einsatzes am Morgen im Parlament in Kiew verkündet. Ziel des Vorrückens im Norden des ostukrainischen Gebiets Donezk sei der «Schutz der Bürger vor Terroristen, die das Land zerreißen wollen». «Die Soldaten haben hohen Kampfgeist und hohe Bereitschaft, die Ukraine an der Front zu verteidigen», sagte der Chef des Sicherheitsrats, Andrej Parubij.

 

Moskau warnte vor einem Scheitern der für Donnerstag geplanten Gespräche in Genf. Dort wollen die Außenminister Russlands, der USA und der Ukraine zusammen mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton über Möglichkeiten einer diplomatischen Lösung der Krise beraten. Noch am Abend telefonierte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Putin. Dabei sei die aktuelle Situation in der Ukraine ausführlich erörtert worden, teilte das Bundespresseamt mit. Bei aller unterschiedlichen Bewertung der Ereignisse habe die Vorbereitung des Genfer Treffens im Mittelpunkt gestanden.

 

US-Präsident Barack Obama und Putin hatten bereits miteinander telefoniert. Nach Angaben des Weißen Hauses äußerte sich Obama sehr besorgt darüber, dass Moskau die prorussischen Separatisten in der Ostukraine unterstütze. Putin bestritt dem Kreml zufolge eine Einmischung und forderte seinerseits Obama auf, seinen Einfluss in der Ukraine geltend zu machen, um ein Blutvergießen und den Einsatz von Gewalt zu verhindern.

 

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sprach bei einem Besuch in Peking von einer «Verletzung ukrainischer Rechtsnormen und des Völkerrechts». Moskau sei daran interessiert, dass die Zusammenkunft in Genf zustande komme. Die Teilnehmer hätten sich schon auf ein vorläufiges Programm geeinigt - darunter Deeskalation, Entwaffnung illegaler Einheiten, verfassungsmäßige Reformen und Wahlen in der Ukraine, sagte Lawrow.

 

In Peking wurde der Russe nach einem Gespräch mit seinem Amtskollegen Wang Yi auch von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen. Chinas Führung bekräftigte ihre «unparteiische Position» in dem Konflikt. Lawrow dankte Peking für seine «vorurteilslose und ausgewogene Haltung».

 

Die EU-Verteidigungsminister sicherten Polen, Rumänien und den drei baltischen Staaten angesichts der Ukraine-Krise ihre Solidarität zu. «Wir haben eine ausgesprochen fragile Situation, in der jetzt auch Besonnenheit wichtig ist», sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach Beratungen der Minister in Luxemburg.

 

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der als Gast über die Lage in der Ukraine referierte, bekräftigte: «Wir diskutieren nicht über militärische Optionen.» Allerdings wolle die Nato in den östlichen Bündnisländern auch militärisch stärker präsent sein als bisher.

 

Die Europäische Union sperrte die Konten des einstigen kommissarischen Ministerpräsidenten der Ukraine, Sergej Arbusow. Der Vertraute des früheren Präsidenten Viktor Janukowitsch ist einer von vier Ukrainern, die neu auf die Sanktionsliste gesetzt wurden. Damit stieg die Zahl der Personen, die wegen des Verdachts auf Veruntreuung staatlicher ukrainischer Gelder keinen Zugriff mehr auf Konten in der EU haben, von bisher 18 auf 22. (DPA)

 

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